Hilfe – Ich bin stuck!

Generiert mit Midjourney

Wer kennt das nicht – festzustecken, sich im eigenen Leben und in der Welt gefangen zu fühlen? Konkret handelt es sich dabei oft um ein sehr körperliches Phänomen – in mir wird es eng, beklemmend und drückend, nichts bewegt sich von der Stelle.

Momentan erscheint die Welt besonders vielen Menschen „stuck“. Die Kriege in der Ukraine und Palästina, ebenso wie Erderwärmung und Artensterben scheinen unlösbar. Der mögliche Sieg Donald Trumps bei den Wahlen in den USA und das Erstarken der AFD in den deutschen Landestagswahlen, aber auch die Bedrohung Taiwans verstärken das Bild einer Welt auf Katastrophenkurs.

Zugleich kennen wir festgefahrene Situationen nur zu gut aus unserem individuellen Leben, in unseren Beziehungen mit unseren ChefInnen und KollegInnen, PartnerInnen oder Eltern. 

In Krisen, ob im persönlichen oder global-politischen Raum, fällt uns unsere Unbeweglichkeit viel stärker auf, als in vergleichsweise ruhigen Zeiten. Denn Krisen sind Symptome dafür, dass wir uns nicht kontinuierlich mit den Anforderungen der Welt weiterentwickelt haben. Und plötzlich ist da diese große Kluft zwischen unserem inneren Erleben und dem äußeren Geschehen.

Der erste Impuls, wenn wir diese Kluft sehen und fühlen, ist das wir sie weghaben wollen. Denn sie fühlt sich so unangenehm an. Das Nächstliegende ist, die Schuld im Außen zu suchen. Die Welt ist falsch – wir beschuldigen unsere Mitmenschen, die Politiker, „das System“. Aber die Schuld nach außen zu verlagern bietet nur eine kurzfristige Druckentlastung. Denn wir sind auf der Flucht vor der Realität in uns selbst und durch diesen Widerstand und die Ausgrenzung von Realität entsteht Enge in uns. Es ist ein Teufelskreis, den schon C.G. Jung mit „Wogegen Du Dich wehrst, bleibt bestehen“ treffend bezeichnete (auf englisch klingt das noch einprägsamer: „What you resist persists“.)   

Unsere Ressourcen: Raum und Hinwendung

Wenn es eng wird, hilft nur eines: Raum. Damit meinen wir ein vergrößertes Bewusstsein, in dem wir mehr sehen und fühlen können. In dem mehr der Realität Platz hat. In einem größeren Raum können wir unsere Beziehung zu dem was gerade „schwierig“, „anstrengend“, „schmerzhaft“ ist mit etwas Distanz betrachten (statt mit ihm ganz identifiziert zu sein).

Indem wir uns der Enge und dem Druck zuwenden, verstehen wir, dass das Gefühl festgefahren zu sein, nicht von Außen über uns kommt – von einem Krieg, einer Konfliktpartei, unserem Partner, dem Kollegen – sondern wir Teil der Dynamik sind und die Enge und Stagnation mit erschaffen.

Mit dieser Erkenntnis entsteht eine neue Bewegung: ich wende mich dem zu, was ich draußen halte. Ich lasse mich tiefer darauf ein, wie es mir gerade wirklich geht. Dadurch erde ich mich mehr in mir selbst, verbinde mich tiefer mit mir selbst und kann mich  in diesem Halt mehr  entspannen.

Die Erfahrung festgefahren zu sein ist kein Fehler, sondern ein Signal vom Leben, uns tiefer mit ihm zu verbinden. Zu wachsen, etwas Neues zu lernen. Den Widerstand schmelzen zu lassen und mehr von dem einzubeziehen, das ich vorher ausgegrenzt habe. Mit diesem Haltungswechsel werde ich vom Opfer einer Situation zum Akteur des Geschehens. 

Unsere (therapeutischen) Erfahrung zeigt, dass Menschen diese Lernschritte oft zuerst im kleinen, intimeren Kreis ihrer eigenen Lebensumstände machen und sie dann Stück für Stück auch auf die größeren gesellschaftspolitischen Situationen anwenden können. Das es ihnen so gelingen kann, die vielen verschiedenen Impulse, Gefühle und Wahrnehmungen, die ein Leben ausmachen, immer mehr gleichzeitig zu halten. Dann fällt ihnen zwar eine einfache Antwort auf die Allerweltsfrage: „Wie geht es Dir?“ schwerer als zuvor, aber sie sprechen aus einem tieferen und differenzierteren Raum in sich und bringen dadurch auch in ihrem Gegenüber andere Facetten zu schwingen.

Wir werden feststellen, dass wir fähig sind, uns der Realität und der Spannung, die der Widerstand gegen sie in uns erzeugt, zu stellen. Das wir negative Gefühle, wie Wut, Trauer oder Angst, nicht auf Schuldige im Außen projizieren müssen. Sondern das wir beweglicher, intimer und berührbarer werden, mehr Handlungsspielräume erobern und mehr Welt in uns beheimaten können.

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In diesem Artikel beschäftigen wir uns noch mehr mit Feststecken und Beweglichkeit und der Rolle von Trauma: Wir stecken fest: Trauma verhindert Zukunft

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