Führen wie anno dazumal?

Illustration generiert mit Midjourney

Wahrscheinlich kennt ihr das: jetzt, wo überall die Krise ausgerufen wird, verkünden Führungskräfte die Rückkehr zur guten alten Hierarchie. New Work Experimente, mit fluiden Führungsstilen und partizipativer Zusammenarbeit gelten vielerorts als gescheitert. Statt dessen heißt es: Zurück ins Büro, klare Entscheidungslinien, Fokus auf Produktivität und Leistung, Versachlichung der als zu emotional angesehenen Partizipation.

Macht dieser Rückgriff auf alte Führungsformen Sinn? Brauchen wir wieder mehr Hierarchie und Sachlichkeit? Nun, vor allem wird dabei vieles miteinander verwechselt. 

Es stimmt, dass wir in einer Zeit großer wirtschaftlicher (und anderer) Herausforderungen leben. Das wir mitten in einer Metakrise stecken, in der es an Orientierung fehlt und viele Menschen stark unter Druck stehen. Orientierungslosigkeit, Kontrollverlust, Druck und Stress wecken unser Bedürfnis nach mehr Führung, Orientierung und Klarheit. Doch damit hört die Wahrheit auch schon auf. Denn die alten Führungsmister und Organisationsmodelle, auf die jetzt so gerne zurückgegriffen wird, werden unsere realen Bedürfnisse nicht befriedigen können.

Die Krisenzeit, in der wir stecken, ist eine komplexe Umgebung und in solchen können wir nur adäquate Lösungen entwickeln, wenn wir experimentieren und lernen. Es geht also darum, einen Schritt nach vorne und nicht nach hinten zu machen. Komplexe Umgebungen brauchen agile, iterative Vorgehensweisen, an denen möglichst viele Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven beteiligt sind. Denn da wir noch nicht wirklich wissen, wohin die Reise geht, wissen wir auch nicht nicht welche Kompetenzen wir für die nächsten Schritte brachen.

Neue Räume für Lernen und Orientierung – unabhängig von Selbst- oder Fremdführung

Deshalb brauchen wir jetzt Führungs- und Zusammenarbeitsmodelle, die Räume schaffen, in denen Menschen sich auf die aktuelle Situation tiefer einlassen können. In denen sie besser verstehen, was gerade gebraucht wird. In denen sie herausfinden, woran sie sich jetzt orientieren können. In diesen Räumen müssen Menschen cross-funktional und agil miteinander arbeiten können. Solche Räume können Organisationen prinzipiell sowohl hierarchisch, als auch selbstorganisiert etabliert werden.

Aber – unabhängig davon, ob Führungskräfte solche Räume „anordnen“ oder ob sie aus den sich selbst führenden Teams heraus entstehen – die Qualität der Arbeit steht und fällt mit der Fähigkeit der Teilnehmenden offen und klar miteinander zu kommunizieren (ihrer Kontaktfähigkeit) und ihrer Multiperspektivität. Beides, gute Kommunikation und Perspektivwechsel basieren wiederum auf Inner Work. Auf der menschlichen Reife, die hierarchische Chefinnen in den Prozess einbringen oder die Teammitglieder miteinander verbindet.

Was nicht geht: wenn die machthöchste Führungskraft davon ausgeht, dass sie auch die kompetenteste Person ist, um die Unternehmung durch die Krise zu führen. Das sie diejenige ist, die qua ihrer Kompetenz die Strategie bestimmt, neue Strukturen aufsetzt, alleine Entscheidungen trifft. Keine Führungskraft wird alle die dafür notwendigen Kompetenzen und Perspektiven einbringen können. Stattdessen kann sie Räume schaffen, in denen Menschen sich sicher und motiviert genug fühlen, um ihre ganze Kreativität und Kompetenz einzubringen, um gemeinsam zu lernen und Neues zu gestalten. Die Aufgabe einer hierarchischen Führung ist es demnach einen Rahmen zu setzen, der in Zeiten von Krise, Komplexität, Orientierungslosigkeit und Unsicherheit, ausreichend Klarheit, Erdung und Sicherheit bietet, dass Mitarbeitende sich mit ihrem ganzen Potential einbringen und dies entfalten können.

Spannung und Nicht-Wissen offen angehen

Die Räume dienen auch dafür, das Mitarbeitende sich ehrlich darüber austauschen können, wo sie unsicher sind und wo ihnen die Kontrolle entgleitet. Und wie es ihnen gelingen kann, mit dieser inneren Spannung umzugehen und zugleich zu lernen und zu experimentieren. Wenn Spannung, nicht-wissen und Unsicherheit nicht explizit angesprochen werden oder sogar tabuisiert sind, werden Mitarbeitende sich immer darüber stabilisieren (und ihr Gesicht wahren), indem sie auf ihr Wissen und ihre Werkzeuge aus der Vergangenheit zurückgreifen. Doch dies hilft uns ihn zentralen Punkten nicht weiter: wir müssen etwas Neues entwickeln, um eine wirkliche Zukunft zu gestalten.  Deshalb ist es so wichtig, als Führungsperson Menschen darin zu begleiten, Spannung anzuerkennen und zu halten. Nur so bekommen wir zukunftsfähige Antworten und Ideen.

Also: verabschieden wir uns von alten Führungsmodellen, mit einzelnen, allwissenden Machtträger. Unsere Zeit braucht uns alle auf den verschiedensten Ebenen: damit wir gemeinsam die für Krisenzeiten unvermeidbare Spannung aushalten. Damit wir uns als ganze Menschen aufeinander beziehen, unsere Kompetenzen miteinander ausloten und unsere Perspektiven zusammenbringen können.

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